Freitag, 4. Januar 2013

Maßarbeit: Nur besser, wenn alles besser ist

Ich habe mich schon einmal in einem Buch über Maßschuhe geäußert und wurde dafür von einem Menschen, der Maßschuhe fertigt, harsch kritisiert. Das ist natürlich sein gutes Recht. Ich bleibe allerdings dabei, dass nicht jeder Maßschuh mehr bietet als ein gut passender Rahmengenähter aus dem Regal. Dies versteht sich von selbst. Auch ein Anzug vom Schneider ist nicht automatisch besser als ein handgemachter Anzug von der Stange. Maßanfertigung vom Handwerker ist nur besser, wenn sie in allen Bereichen das Fertigprodukt übertrifft.

Ich erinnere mich an einen Messebesuch mit meinem Schneider John Coggin aus London. Wir machten in München dem Stand von Cesare Attolini unsere Aufwartung. John war absolut begeistert von der Verarbeitungsqualität des neapolitanischen Unternehmens. "Ich wünschte, ich hätte in London Schneider, die mir konstant solche Qualität liefern würden" sagte er (in meiner Übersetzung aus dem Englischen). Hier sprach der Handwerker, der neidlos eine gute Leistung anerkannte. Und es sprach ein Mann, dessen eigene Schneiderarbeit von erster Güte ist.

Ein Maßanzug vom Schneider muss also so gut verarbeitet sein, wie ein Anzug von z. B. Cesare Attolini (es gibt natürlich auch noch andere Anbieter, die diese Qualität bieten), obendrein muss das Teil vom Schneider aber auch noch bei der Passform besser sein. Wenn das so ist, würde ich den Anzug vom Schneider vorziehen. Aber eben nur dann. Und so ist es auch beim Maßschuh. Was nützt mir die gute Handarbeit, wenn die Passform nicht stimmt? Und was nützt die gute Passform, wenn die Verarbeitung nicht optimal ist oder das Leder von minderer Qualität?

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